FIS-Forum mit Social Policy Biennale 2024
FIS-Forum mit Social Policy Biennale 2024: Lost in Social Policy? Forschung für eine integrierte Sozialpolitik
06. - 08.11.2024 / Berlin, GLS Campus
Hintergrund
Als zentrales Dialogformat zur Förderung des Transfers von Wissen innerhalb der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis dient das jährlich stattfindende FIS-Forum. 2021 übernahm das DIFIS die Verantwortung für die Organisation; alle zwei Jahre findet das FIS-Forum in Form einer international ausgelegten Social Policy Biennale statt.
Die Sozialpolitik ist gegenwärtig geprägt von einer hohen Veränderungsgeschwindigkeit in den einzelnen Feldern, Belastungen der öffentlichen Verwaltungen und einer für die Anspruchsberechtigten schwer überschaubaren Vielfalt an Sozialleistungen und sozialer Infrastruktur. Diese Fragmentierung der Sozialpolitik, die Verflechtung von Leistungen und die Problematik von „Schnittstellen“ zwischen unterschiedlichen Regelungskreisen wird zunehmend als Schwierigkeit sowohl für die adäquate Leistungserbringung wie auch für die Akzeptanz des Sozialstaates insgesamt angesehen. Die Sozialpolitikforschung hat sich dieser Themen durchaus intensiv angenommen und Arbeiten über ressort- und ebenenübergreifende Kooperation bei der Politikformulierung, bürgerfreundlichen Verwaltungsstrukturen, Digitalisierung und Schnittstellenmanagement – meist für ausgewählte Bereiche der Sozialpolitik bzw. spezifische Schnittstellenprobleme – vorgelegt. Doch fehlt es bisher an übergreifenden Konzepten dafür, wie die Sozialpolitik künftig so gestaltet werden kann, dass für die anspruchsberechtigten Bürger*innen ein passgenauer und leichterer Zugang zu sozialpolitischen Leistungen und Infrastrukturen gewährleistet ist, der Mitwirkung unterstützt, aber auch Verwaltungsprozesse vereinfacht werden und eine bessere Zusammenarbeit für die vielen beteiligten Akteure in der Sozialpolitik gelingen kann.
Vor diesem Hintergrund fragten das diesjährige FIS-Forum und die Social Policy Biennale nach Forschungsimpulsen für die Gestaltung einer stärker integrierten Sozialpolitik – einer Sozialpolitik, die eine adäquate Leistungserbringung, eine bessere Zusammenarbeit und Zugänglichkeit aus Sicht von Praxis und Politik, Bürger*innen und Verwaltungen gewährleistet.
DIFIS-Pre-Konferenz
Im Rahmen des FIS-Forums mit Social Policy Biennale 2024 fand am 6. November die erste Pre-Konferenz für den wissenschaftlichen Nachwuchs der interdisziplinären Sozialpolitikforschung des DIFIS statt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Sozialpolitischer Nachwuchs im Dialog: Vernetzung, Herausforderungen und Entwicklungen“ und adressierte die folgenden Punkte:
- Vernetzung von Wissenschaftler:innen, die sich in der Qualifikationsphase befinden oder im Mittelbau von Universitäten sowie in außeruniversitären Einrichtungen auf befristeten Stellen arbeiten. Das Kennenlernen soll dabei fächerübergreifend und über verschiedene Qualifikationsstufen hinweg erfolgen.
- Reflexion über die institutionelle Situation: Wie gestalten sich die Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses in der interdisziplinären Sozialpolitikforschung? Welche Herausforderungen ergeben sich daraus, und wie könnten Initiativen aussehen, die diese Situation verbessern?
- Nachwuchsförderung im DIFIS: Diskussion über Initiativen und Unterstützungsmöglichkeiten, die in Zusammenarbeit untereinander und mit Unterstützung des DIFIS gestartet werden können.
FIS-Forum
Das FIS-Forum nahm im Schwerpunkt eine nationale Perspektive auf aktuelle und zukünftige Fragen der Sozialpolitikforschung ein. Mit der im Jahr 2024 angegliederten Social Policy Biennale wurde es aber auch um internationale Perspektiven ergänzt, an Tag 1 und 2 des FIS-Forums fanden neben deutschsprachigen Panels auch englischsprachige statt.
Vortrag am 06.11. von Lilian Tschan (BMAS)
Lilian Tschan ist Verwaltungswissenschaftlerin und seit Februar 2022 Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. In dieser Eigenschaft ist sie für die Grundsatzabteilung des Ministeriums zuständig, die u.a. die Ressortforschung und Forschungsförderung des Ministeriums verantwortet. Daneben fallen die Abteilung „Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft“, die Abteilung für Arbeitsrecht und Arbeitsschutz sowie die Unterabteilung für Internationale Beschäftigungs- und Sozialpolitik in ihren Zuständigkeitsbereich. Vor ihrer Tätigkeit als Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat Lilian Tschan den Leitungsstab von Hubertus Heil geleitet. Mit ihrem Plenarvortrag eröffnete Frau Tschan das FIS-Forum mit Social Policy Biennale 2024.
Vortrag am 06.11. von Frank Nullmeier
Frank Nullmeier ist ein deutscher Politikwissenschaftler und der stellvertretende Leiter des DIFIS. Als Professor an der Universität Bremen liegen seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte im Bereich Sozialpolitikforschung und Wohlfahrtsstaatstheorie, interpretative Politikanalyse und Process Tracing sowie Politische Theorie. In seinem Plenarvortrag nahm er ein Roadmapping zum Tagungsthema und seiner Verankerung im FIS-Forum mit Social Policy Biennale vor.
Keynote am 06.11. von Jörg Bogumil
Jörg Bogumil ist ein deutscher Politikwissenschaftler, der sich auf Verwaltungswissenschaft und öffentliche Governance spezialisiert hat. Als Professor an der Ruhr-Universität Bochum forscht er unter anderem zu Themen wie kommunale Verwaltungsmodernisierung, Governance-Reformen und Bürgerbeteiligung. Seine Keynote auf dem FIS-Forum hielt er zum Thema: „Fragmentierung der Sozialpolitik. Schnittstellenprobleme und Optimierungsmöglichkeiten“. Für das DIFIS hat er gemeinsam mit Philipp Gräfe einen Impuls und eine Studie zur Thematik verfasst, beide sind kürzlich erschienen.
Abendveranstaltung am 06.11.
"Zukunftsforum – Auf dem Weg zu einer integrierten Sozialpolitik. Herausforderungen, Chancen und Forschungsansätze"
Die Abendveranstaltung widmete sich der Frage, wie eine bürgerfreundliche und weniger fragmentierte Sozialpolitik gestaltet werden kann, um das Vertrauen in den Sozialstaat zu stärken. Im Fokus standen Lösungsansätze zur Überwindung von Komplexität, die Rolle der Digitalisierung und die Zusammenarbeit von Politik und Wissenschaft. Auch die Herausforderungen der Migrations- und Integrationspolitik wurden diskutiert, um Wege zu einer inklusiven und demokratiestärkenden Sozialpolitik aufzuzeigen.
Es diskutierten:
Sybille Stöbe-Blossey / Professorin für Politikwissenschaft, Universität Duisburg-Essen
Julia Schwanholz / Politikwissenschaftlerin, Universität Duisburg-Essen
Stefan Nacke / Bundestagsabgeordneter, CDU
Martin Rosemann / Bundestagsabgeordneter, SPD
Wolfgang Strengmann-Kuhn / Bundestagsabgeordneter, Bündnis 90/Die Grünen
Buchpräsentation und Round-table am 07.11.
Die von Antonio Brettschneider (TH Köln), Stephan Grohs (Universität Speyer) und Nora Jehles (TU Dortmund) herausgegebene Neuauflage des Handbuchs „Kommunale Sozialpolitik“ nimmt eine detaillierte Bestandsaufnahme der rechtlichen und faktischen Gestaltungsspielräume, der politisch-administrativen Prozesse und der inhaltlichen Varianzen lokaler Sozialpolitik in den verschiedenen Handlungsfeldern vor. Ein Schwerpunktthema des Sammelbandes ist der konzeptionelle und empirische Bedeutungsgewinn von bereichsübergreifenden Kooperations- und Vernetzungsstrategien in der kommunalen Sozialpolitik.
Es diskutierten nach einer kurzen inhaltlichen Einführung zum Handbuch:
Jörg Bogumil / Professor für Politikwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum
Greta Schabram, Referentin für Sozialforschung, Wohnen und Statistik beim Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Berlin
Dagmar Vogt-Janssen / Leiterin des Fachbereichs Senioren, Stadt Hannover
Irene Vorholz / Beigeordnete für Soziales und Arbeit, Deutscher Landkreistag
Kollegiumsversammlung am 07.11.
Die Kollegiumsversammlung ist als offene Mitgliederversammlung konzipiert und wir luden bereits für das DIFIS tätige und auch an seiner Arbeit interessierte Wissenschaftler*innen und Praxiskateure zur Teilnahme ein. Wir stellten die Arbeitsbereiche des DIFIS vor und gingen dabei besonders auf die Entwicklungen der letzten 12 Monate ein. Zudem zeigten wir auch, welche Personen das DIFIS-Netzwerk mit ihrer Mitarbeit prägen und es so erst möglich machen. Abschließend wurden neue Issue Networks ausgeschrieben, weitere Informationen zu den neu ausgeschriebenen Issue networks finden Sie hier.
Networking und Posterrundgang am 07.11.
Das FIS-Forum mit der Social Policy Biennale ist die zentrale Vernetzungsveranstaltung sowohl innerhalb der Wissenschaft als auch im Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis. Wir möchten der Vernetzung einen Raum geben und haben Sie herzlich eingeladen, an unserem Networking und dem Posterrundgang teilzunehmen. Es wurden Poster präsentiert, die aktuelle Fragestellungen und Themen der Sozialpolitikforschung aufgreifen, auch das DIFIS stellte seine Initiativen vor. Der Posterundgang war eine Möglichkeit, sich mit den Referentinnen und Besucher:innen auszutauschen und zu vernetzen.
Weitere Details finden Sie im Flyer zum Rundgang.
Social Policy Biennale
The Social Policy Biennale on November 8 broadened the scope of the conference, focusing on international and comparative topics of social policy research. The conference language was English, and several renowned international colleagues participated in the discussions and presented their findings.
Keynote by Anke Hassel
Anke Hassel is Professor of Public Policy at the Hertie School. From 2016 to 2019 she was the Scientific Director of the WSI at the Hans Böckler Foundation. Anke Hassel has international experience and scientific expertise in the fields of the labour market, social partnership, codetermination and the comparative political economy of developed industrial nations. She delivered a keynote on the topic of 'Social Investment, Social Cohesion, and a Strong Labor Market as the Foundations of an Integrated Welfare State' at this year's Social Policy Biennale.
Round-table discussion “Social Policy from an intersectional perspective: Why, how and by whom?”
The welfare state not only absorbs but also creates social inequalities. While originally class-related analysis of social inequalities (Esping-Andersen 1990) have been supplemented by gender from early on (Lewis 1992, Orloff 1993), this only applies marginally to migration and race. However, intersectional perspectives on social policy research especially in Great Britain have underlined the significance of race, ethnicity and migration for the formation of welfare states since the early 1990s (Williams 1995; Ginsburg 1992) – arguments and criticism that was hardly integrated in German-speaking research. The round-table discussion “Social Policy from an intersectional perspective: Why, how and by whom?” took up the necessity of intersectional social policy analyses and asked I) which current omissions in science and politics can be avoided, II) how intersectional analyses can be applied and III) which actors are particularly relevant for such research and policies.
Chair: Katrin Menke (Ruhr-Universität Bochum)
Panelists:
Fiona Williams (University of Leeds)
Julia Lux (Institute for Social Work and Social Education)
Duygu Bräuer (DaMigra – Dachverband der Migrantinnenorganisationen, Umbrella Association of Migrant Women Organizations)
Niels Spierings (Radboud University Nijmegen)
Round-table Discussion „The far right and social policy: international perspectives”
We find ourselves in a super election year, with the EU elections, state elections in Thuringia, Saxony, and Brandenburg, as well as the U.S. election just three days prior to the FIS-Forum and Social Policy Biennale 2024. Far-right parties (such as the AfD, Rassemblement National, or the Republicans under Trump's leadership) are gaining voter share or are forecasted to do so. The roundtable discussed the impact of far-right parties, both inside and outside of government, on social policy across Europe and North America, as well as the counterstrategies of governments and civil society. The discussion started with an introductory input by Philip Rathgeb.
Philip Rathgeb (University of Edinburgh)
Daphne Halikiopoulou (University of York)
Heidi Gottfried (Wayne State University)
Presse und Social Media
Beiträge und Diskussionen zum FIS-Forum mit Social Policy Biennale finden Sie u.a. auf X unter unserem Hashtag #fisforum2024.
Programm
Hier finden Sie das Programm zum FIS-Forum mit Social Policy Biennale 2024 zum Download.
PDF
Flyer zum Posterrundgang
Am zweiten Tag des FIS-Forums (07.11.) fand ein Posterrundgang statt. Den Flyer finden Sie hier zum Download.
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Tina Groll ist hauptberuflich Redakteurin bei ZEIT ONLINE in Berlin im Ressort Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, wo sie sich insbesondere mit den Themen Arbeit und Soziales, Rente, Pflege, Gesundheitsökonomie und Steuerrecht beschäftigt. Neben ihrer journalistischen Tätigkeit ist sie auch als Moderatorin von Fachveranstaltungen aktiv.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Nicole Vetter
info@difis.org