Forschungsfeld 6: Gesellschaftliche Konflikte und Sozialpolitik
Im Forschungsfeld 6 werden verschiedene solcher gesellschaftlichen Konfliktlinien identifiziert und untersucht. Hierbei nehmen wir zwei differierende Perspektiven ein – eine prospektive und eine retrospektive – welche die Verwendung unterschiedlicher Methoden bedingen. Daher unterteilt sich das Forschungsfeld in zwei Module:
Modul 1: Migration und Sozialpolitik in Deutschland in historischer Perspektive
Modul 2: Experimentelle Policy Evaluation und Einstellungsforschung
Forschungsinteresse
Modul 1:
Mit experimentellen Methoden untersuchen wir die öffentliche Meinung zu verschiedenen Maßnahmen der Umverteilungspolitik und bewerten die Auswirkungen solcher Politiken auf das Verhalten der Bevölkerung. Wir konzentrieren uns auf sozialpolitische Maßnahmen, die derzeit in Deutschland diskutiert werden, wie z.B. Klimageld und Bürgergeld. Unser Ziel ist es, mögliche Konfliktlinien innerhalb verschiedener gesellschaftlicher Gruppen aufzuklären.
Modul 2:
Das interdisziplinär angelegte Forschungsfeld fragt nach den gesellschaftlichen Konfliktlinien, die in Geschichte und Gegenwart aus dem Zusammenspiel von Migration und Sozialpolitik erwuchsen und erwachsen. Es geht davon aus, dass größere Wanderungsbewegungen das Potential besitzen, etablierte sozialpolitische Arrangements nachhaltig zu erschüttern, da sie die Frage nach den sozialen Anrechten und Pflichten der Migrant:innen und nach dem Zuschnitt der wohlfahrtsstaatlichen Solidargemeinschaft aufwerfen. In einem ersten Schritt zielt das Projekt darauf, die in Form von zivilgesellschaftlichen Entsolidarisierungstendenzen, politischer Radikalisierung und öffentlichen Kontroversen aufbrechenden Konfliktlinien im historischen Längsschnitt zu rekonstruieren. Danach soll untersucht werden, welchen Niederschlag die gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen auf sozialstaatlicher Ebene, also hinsichtlich der Neugestaltung von Anrechten und Wartezeiten, des Ein- und Ausschlusses bestimmter Gruppen sowie im Hinblick auf die Höhe von Sozialleistungen, Steuer- und Beitragslasten fanden. Schließlich geht es in einem dritten Schritt darum zu untersuchen, inwieweit es den Reaktionen der Sozialpolitik gelang, pazifizierend auf die neuen gesellschaftlichen Gegensätze zu wirken, und ob sie Rückwirkungen auf die Wanderungsbewegungen selbst hatten.
Forschungsfragen
Modul 1:
In unserem ersten Projekt untersuchen wir, wie unterschiedliche Maßnahmen zur Dekarbonisierung (insbesondere die CO2-Bepreisung) in Kombination mit verschiedenen flankierenden steuer- und sozialpolitischen Umverteilungsmechanismen in der Bevölkerung wahrgenommen und bewertet werden.
Modul 2:
- Warum wurden bestimmte Migrationsbewegungen als sozialpolitisches Problem wahrgenommen und andere nicht? Welche Rolle spielte dabei das mediale framing der Migrant:innen?
- Welche gesellschaftlichen und politischen Konfliktlinien lassen sich in der bis ins 19. Jahrhundert zurückreichenden Geschichte des deutschen Sozialstaats im Zusammenhang mit Migrationsbewegungen feststellen? Welche Formen nahmen sie an und wie unterschieden sie sich?
- Welche Auswirkungen hatten die migrationsbedingten Auseinandersetzungen auf staatliche Sozialpolitik, also in Bezug auf die Gestaltung sozialer Rechte, die Inklusion oder Exklusion bestimmter Gruppen und die Generosität von Leistungen?
- Waren die sozialpolitischen Reaktionen in der Lage, die im Kontext von Migration aufbrechenden gesellschaftlichen und politischen Gegensätze zu pazifizieren? Wie wirkten sie sich auf die Wanderungsbewegungen aus?
- Wie stellt sich die historische Entwicklung des Verhältnisses von Sozialpolitik und Migration in Deutschland im internationalen Vergleich dar?
Aktuelles Kernteam
Koordinator:
- Dr. Olexandr Nikolaychuk, Forschungsfeldkoordinator (DIFIS, Universität Bremen)
- Prof. Dr. Sebastian Fehrler (Universität Bremen)
- AG Prof. Dr. Cornelius Torp (Universität Bremen)
- Prof. Dr. Christiane Reinecke (Interdisciplinary Centre for European Studies an der Europa-Universität Frankfurt)
- Prof. Dr. Bernhard Boockmann (Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung e.V. an der Universität Tübingen)
- Prof. Dr. Jeannette Brosig-Koch (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg), externe Partnerin
- Prof. Dr. Achim Goerres (Universität Duisburg-Essen)
- Prof. Dr. Paul Marx (Universität Duisburg-Essen)
- AG Prof Dr. Herbert Obinger (Universität Bremen)
- AG Prof Dr. Carina Schmitt (Universität Bamberg)
- Prof. Dr. Martin Seeleib-Kaiser (Universität Tübingen)
Aktivitäten
Allgemeines
- 02.-10.2024: Laborexperiment zur Akzeptanz der CO2-Bepreisung
- 12/2023: Umfrageexperiment zur Akzeptanz der CO2-Bepreisung
- 20.09.2022: Gründung der „Gesellschaft für Historische Sozialpolitikforschung“ (GHS) in Bremen
Veranstaltungen
- 07.11.2024: Panel: „Social Conflicts and Social Policy“ im Rahmen des FIS-Forums 2024 mit Social Policy Biennale: “Lost in Social Policy? Forschung für eine integrierte Sozialpolitik”
- 12.06.2024: DIFIS Brown-Bag-Runde: „CO2-Bepreisung und Klimageld – Ausgestaltungsvarianten, mögliche Ergänzungen und Bewertungen“
- 10.04.2024: DIFIS Hot Topic: „CO2-Bepreisung & Klimageld – Diskussion über Klimapolitik und ihre Verteilungswirkungen“
- 19.03.2024: DIFIS Brown-Bag-Runde: „Soziale Flankierung von Transformationsprozessen“
- 14.-15.03.2024: GHS-Workshop: „Der andere Sozialstaat“
- 22.09.2023: Panel: „Gesellschaftliche Konflikte und Sozialpolitik“ im Rahmen des FIS-Forums 2023: “Sozialpolitik für die nächste(n) Generation(en)”
- 15.-23.05.2023: DIFIS Brown-Bag-Runde: „Alterssicherung – sozialethische Perspektiven“
- 06.10.2022: Keynote „Chancen und Herausforderungen verhaltens-ökonomischer Sozialpolitikforschung“ im Rahmen des FIS-Forums 2022 mit internatioinaler Social Policy Biennale
- 13.05.2022: Workshop: „Gesellschaftliche Konflikte und Sozialpolitik“
- 18.-19.11.2021: Impulsvorträge im Rahmen des FIS-Forums 2021
Publikationen
- Templin, D., 2024: Migration und Sozialpolitik in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert, DIFIS-Impuls 2024/8
- Templin, D., 2024: Migration und Sozialpolitik in historischer Perspektive, DIFIS-Studie 2024/4
- Fehrler, S., O. Nikolaychuk, M. Tepe und S. Hemesath, 2024: CO2-Steuer in allen Wählergruppen am populärsten in Kombination mit Klimageld (aber nicht für alle), DIFIS-Impuls 2024/2
- Rudloff, W., 2023: Der deutsche Sozialstaat in der historischen Sozialpolitikforschung, DIFIS-Studie 2023/11
- Bodry, Y., B. Boockmann, P. Kugler und V. von Zitzewitz, 2023: Experimentelle Public Policy Evaluation von Sozialpolitik, DIFIS-Studie 2023/7
- Bodry, Y., B. Boockmann, P. Kugler und V. von Zitzewitz, 2023: Das Potenzial randomisierter Feldstudien wird in der Sozialpolitikforschung noch nicht ausgenutzt, DIFIS-Impuls 2023/8
- Rudloff, W., 2023: Historische Forschungen zum deutschen Sozialstaat. DIFIS-Blogbeitrag vom 19.01.2023
- Fehrler, S., 2022: Von Fallstricken moralischen Verhaltens und ihrer Bedeutung für die Politik. DIFIS-Blogbeitrag vom 01.12.2022
- Marx, P., 2022: Politische Ungleichheit als Problem politischer Sozialisation. DIFIS-Blogbeitrag vom 30.06.2022
- Busemeyer, M. R., A. Kemmerling,K. Van Kersbergen und P. Marx, 2022: Digitalization and the Welfare State
- Torp, C., 2022: Does History Matter? Zur Rolle der Geschichtswissenschaft in der Sozialpolitikforschung. DIFIS-Blogbeitrag vom 02.06.2022
Gesellschaftliche Konflikte
Wie kann der Sozialstaat zur gesellschaftlichen Integration beitragen, wie können Polarisierung und Konflikte vermieden werden?
Empirische Politikwissenschaft, Universität Duisburg-Essen
Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft Professur für Verhaltensbasierte Sozialpolitik