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Veranstaltungsbericht: Brown-Bag-Runde: "Smarter Sozialstaat"
Die Leistungsfähigkeit des deutschen Sozialstaates gilt seit Langem als zentrale Ressource gesellschaftlicher Stabilität und politischer Legitimation. Zugleich wird der Sozialstaat heute durch neue geopolitische Spannungen, die wirtschaftliche Transformation und den demographischen Wandel auf eine Belastungsprobe gestellt. Finanzielle Spielräume für ausgabenintensive Reformen werden enger, während wachsende Zweifel an der organisatorischen Belastbarkeit der komplexen Institutionenlandschaft sichtbar werden. Vor diesem Hintergrund gewinnt der Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis zunehmend an Bedeutung. Das DIFIS trägt hierzu bei, indem es mit seinen Austauschformaten Räume schafft, um aktuelle sozialpolitische Herausforderungen gemeinsam zu reflektieren und Handlungsoptionen auszuloten.
Das DIFIS als Forschungs- und Vernetzungseinrichtung bietet als Austauschformate zwischen Wissenschaft, Praxis und Politik sogenannte „Brown-Bag-Runden“ an, die auch auf Anfrage politischer Akteur*innen veranstaltet werden können. Am 8. September 2025 fand auf Initiative von Dr. Stefan Nacke, Mitglied des Deutschen Bundestags, ordentliches Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, eine DIFIS Brown-Bag-Runde zum Thema „Smarter Sozialstaat“ statt.
Ausgehend von der Überlegung, dass die vorhandenen Ressourcen effizienter eingesetzt und die Verfahren effektiver strukturiert werden müssen, ergaben sich für die Brown Bag Runde vier zentrale Themenkomplexe:
Wie kann die Organisation des Leistungsbezugs im Sozialstaat vereinfacht werden? Und in welcher Form können Definitionen von Leistungen sowie Begrifflichkeiten wie Einkommen etc. praktikabel vereinheitlicht und aufeinander abgestimmt werden, damit Mehrfachprüfungen und -bearbeitungen in der Verwaltung vermieden werden, die Menschen die Unterstützung und ihre Leistungen tatsächlich erhalten und eine optimale Integration in den Arbeitsmarkt mit hoher Erwerbsbeteiligung gelingt?
Diskutiert wurden diese Fragen von Prof. Dr. Andreas Peichl (ifo Institut, Ludwig-Maximilians-Universität München), Eva Maria Welskop-Deffaa (Präsidentin Deutscher Caritasverband), Nils Pagels (Zoom – Sozialforschung und Beratung GmbH) und Astrid Korschewski (Leiterin Jobcenter Münster).
Wie können Beantragungsverfahren im komplexen Sozialverwaltungssystem bürgerfreundlicher ausgestaltet sein und welche individuellen Hilfestellungen gibt es für betroffene Menschen im Dschungel verschiedenster Maßnahmen, Prozesse und Beteiligter? Und wie können die involvierten Akteure bei trägerübergreifenden Fragen in Zukunft niedrigwellig zusammenarbeiten?
Hierzu trugen Prof. Dr. Jörg Bogumil (Ruhr-Universität Bochum), Gülcan Miyanyedi (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V.) und Joachim Fahnemann (Agentur für Arbeit Ahlen-Münster) vor und diskutierten ihre Positionen mit den Teilnehmenden der Veranstaltung.
Zum Thema „Smarte Anreize“ wurde diskutiert, welche Anreize für die eigene Vorsorge und Verantwortung – insbesondere für das Alter – gesetzt werden können und welche Informationen und Instrumente entsprechende Verhaltensänderungen der Menschen fördern. Darüber hinaus wurde die Frage diskutiert, wie Menschen dabei unterstützt werden können, selbst ein größeres Augenmerk auf die Prävention zu legen, um möglichst lange gesund und arbeitsfähig zu bleiben.
Inputgebende waren Dr. Dina Frommert (Deutsche Rentenversicherung Bund), Prof. Dr. Marlene Haupt (Hochschule München), Robert Meldt (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände) sowie Markus Hofmann (Deutscher Gewerkschaftsbund). Sie diskutierten ihre Perspektiven und Ideen mit den Teilnehmenden der Brown-Bag-Runde.
Wie können Reformprozesse erfolgreich eingeleitet werden und welche Anforderungen sind an die Politik bei der Reformausgestaltung zu stellen? Und welche Rolle spielt die Verwaltungsorganisation von Behörden vor Ort bei der Umsetzung von smarter Sozialpolitik?
In Form einer Podiumsdiskussion, moderiert von Dr. Stefan Nacke, diskutierten hierzu Gundula Roßbach (Präsidentin Deutsche Rentenversicherung Bund), Daniel Terzenbach (Vorstand Regionen Bundesagentur für Arbeit) und Prof. Dr. Tanja Klenk (Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg) mit Prof. Dr. Frank Nullmeier (Stellvertretender Direktor, Deutsches Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (DIFIS), Universität Bremen) und den Teilnehmenden der Brown Bag Runde.
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