News
Veranstaltungsbericht: Fachtagung „Wohnen als ‚soziale Frage‘ – Welche Antworten bietet der Sozialstaat?“ am 09. und 10.10.2025 in Bremen
Ergänzend zur Tagung veröffentlichten die Initiatoren des Issue Network Beiträge in verschiedenen DIFIS-Formaten – darunter Stephan Köppes Blogbeitrag zur Wohnpolitik der Regierungskoalition und Timo Weishaupts DIFIS-Impuls zur sozialpolitischen Bedeutung des Wohnens.
Die Wohnraumfrage ist längst wieder zu einer der zentralen sozialen Fragen unserer Zeit geworden. Steigende Mieten, Wohnungslosigkeit, sozialräumliche Segregation und eine ungleiche Verteilung von Wohnchancen prägen vielerorts die gesellschaftliche Realität – und stellen Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Praxis vor große Herausforderungen.
Vor diesem Hintergrund veranstaltete das Issue Network „Wohnen und Sozialpolitik“ am 9. und 10. Oktober 2025 eine Fachtagung im Bremer Konsul-Hackfeld-Haus. Über 80 Teilnehmende kamen zusammen, um aktuelle Entwicklungen im Spannungsfeld von Wohnen und Sozialpolitik aus unterschiedlichen wissenschaftlichen und praktischen Perspektiven zu beleuchten und über sozialpolitische Handlungsmöglichkeiten zu diskutieren.
Den Auftakt des Programms gestalteten die beiden Initiatoren des Issue Networks. Nach einer allgemeinen Begrüßung durch Associate Prof. Dr. Stephan Köppe (University College Dublin) erläuterte Prof. Timo Weishaupt, Ph.D. (Georg-August-Universität Göttingen), warum Wohnen aus sozialpolitischer Perspektive betrachtet werden sollte. Drei Impulsvorträge bildeten anschließend die inhaltlichen Schwerpunkte und beleuchteten die aktuellen Herausforderungen des Wohnens jeweils aus unterschiedlichen disziplinären Blickwinkeln. Zum Einstieg skizzierte Prof. Dr. Susanne Heeg (Universität Frankfurt) die aktuellen Probleme am Wohnungsmarkt aus geographischer Perspektive und thematisierte dabei vor allem die Rolle finanzmarktorientierter Wohnungskonzerne. Im Anschluss an die ersten thematischen Panels bot Prof. Dr. Matthias Wrede (FAU Erlangen-Nürnberg) einen Überblick über die theoretischen Ansätze und Untersuchungsmethoden, mit denen sich die Ökonomie dem Thema Wohnen widmet. Am zweiten Tag adressierte dann Prof. Dr. Pia Lange (Universität Bremen) die Rolle des Sozialrechts in der Wohnraumversorgung und die lückenhafte Existenzsicherung, die sich daraus ergibt.
In neun thematischen Panels mit insgesamt 26 Beiträgen wurden unterschiedliche Facetten des Wohnens aus sozialpolitischer Perspektive diskutiert – von Analysen der Wohnungspolitik und Mietdynamik über Fragen sozialer Teilhabe bis hin zu Projekten der Wohnungslosenhilfe und alternativen Wohnformen. Neben Wissenschaftler*innen kamen auch Praktiker*innen sowie Erfahrungsexpert*innen zu Wort, die aus eigener Erfahrung mit Wohnungslosigkeit berichteten und auf strukturelle Hürden im Hilfesystem aufmerksam machten.
Ein Höhepunkt der Tagung war die Podiumsdiskussion „Wohnraum für alle! – Wie kommen wir aus der Zwickmühle?“. Unter der Moderation von Tina Groll (Die ZEIT) diskutierten Dr. Anne Vogelpohl (Bezirksamt Altona, Hamburg), Anja Passlack (GEWOBA, Bremen), Dr. Rolf Bosse (Mieterverein zu Hamburg) und Dr. Joachim Schuster (Paritätischer Landesverband Bremen) über Ursachen der angespannten Wohnraumsituation und Strategien für eine sozial gerechte Wohnraumversorgung. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit einer besseren Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie einer Wohnungspolitik, die stärker auf Veränderungen im Lebensverlauf eingeht – etwa durch Wohnungstauschmodelle, barrierefreies Bauen und sozial durchmischte Quartiere.
Die Veranstaltung verdeutlichte, wie fruchtbar der interdisziplinäre Austausch im Themenfeld Wohnen ist – und dass wissenschaftliche Erkenntnisse, praktische Erfahrungen und die Perspektiven Betroffener gemeinsam entscheidend dazu beitragen können, neue Wege für eine sozial gerechte Wohnungspolitik zu entwickeln. Sozialpolitik verstanden als Politik der sozialen Inklusion und des sozialen Ausgleichs geht in der Wohnungspolitik über monetäre Transferleistungen und sozial Dienste hinaus und bedarf der Koordination über verschiedene Ministerien und Ebenen. Allen voran mit dem Bauministerium, aber auch Zuständigkeiten und Überschneidungen mit Arbeit und Soziales, Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Familie und Senioren wurden angesprochen. Letztlich wurde auch gefolgert: wenn die Wohnungsfrage weiterhin nur halbherzig von der Politik bearbeitet werden wird, laufen wir Gefahr, dass rechtspopulistische Kräfte davon profitieren und die Spaltung der Gesellschaft noch größer werden wird.
Für die weitere Entwicklung des Issue Networks wünschten sich die Teilnehmenden weiterhin eine breite disziplinäre Pluralität, ein deutschsprachiges Forum und den Austausch zwischen Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Praxis. Gleichzeitig wurden auch thematische Vertiefungen in Form von thematischen Arbeitsgruppen angeregt. Sowohl um sich noch stärker auf den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn und Veröffentlichungen konzentrieren zu können, also auch um die wissenschaftlichen Ergebnisse dann wieder an Politikgestalterinnen und -gestalter sowie Praktikerinnen und Praktiker zurückspielen zu können. Regelmäßige Tagungen in Präsenz wurden als essenziell für die Verstätigung des Issue Networks verstanden, ergänzt um geeignete online Formate.
Das DIFIS-Issue Network „Wohnen und Sozialpolitik“ bedankt sich herzlich bei allen Vortragenden und Teilnehmenden für ihre engagierten Beiträge und den offenen Austausch.
Das vollständige Programm finden Sie hier.
zurück zur Übersicht

