sozialpolitikblog
Drei Orangen auf einem Teller, rechts und links davon liegen Messer und Gabel.
sozialpolitikblog-Gespräch, 11.09.2025

Sozialstaatsreform: Die Grundsicherung konsequent neu denken

Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag bilden ein kompliziertes Zusammenspiel für Bürger*innen und Verwaltung. Sozialrechtsexpertin Franziska Vollmer warnt vor den Gefahren dieser Komplexität und schlägt eine Grundsicherungsreform vor, die Bedarfe von Familien gerechter berücksichtigt und die Verwaltung vereinfacht. Im Interview erläutert sie ihre Ideen für die Sozialstaatskommission.


Interview: Johanna Ritter


Warum braucht die Grundsicherung eine Reform?


Die Absicherung von Familien mit geringen Einkommen braucht dringend eine Reform. Der Bezug von Kinderzuschlag und Wohngeld parallel ist in der Praxis unbefriedigend. Zuständig sind einerseits die Wohngeldstellen vor Ort und andererseits die Familienkassen bei der Bundesagentur für Arbeit. Bei beiden Leistungen sind Einkommen und Wohnkosten entscheidend, aber es ist uneinheitlich, welche Beträge aus welchen Zeiträumen maßgeblich sind. Die Berechtigten müssen sich an zwei Stellen wenden, die gleichen Inhalte verschieden nachweisen und trotz akuten Geldmangels Geduld mitbringen, denn es gibt insbesondere beim Wohngeld lange Wartezeiten. Das führt dazu, dass Familien oft Leistungen nicht oder nur teilweise in Anspruch nehmen. Hinzu kommt, dass die Leistungshöhe häufig zu niedrig ausfällt.


Was schlagen Sie vor und worin liegt das Innovationspotenzial Ihrer Vorschläge?


Meines Erachtens sollte man sich ausgehend von der Grundsicherung, also dem SGB II, auf eine einzige Leistung verständigen, die angemessen ausgestaltet ist. Kinderzuschlag und Wohngeld würden somit in das SGB II integriert. Außerdem muss, wenn neben der Sozialleistung zusätzliches Einkommen erzielt wird, davon immer etwas zusätzlich zur Verfügung bleiben. Das wäre ein gerechtes Angebot und eine konsequente Lösung für die aktuellen Grundsicherungsleistungen, die in den letzten Jahrzehnten immer komplizierter geworden sind und bei denen sich Erwerbseinkommen oft nicht lohnt.


Die Koalition hat sich ja schon vorgenommen, die Zusammenführung von Wohngeld und Kinderzuschlag zu prüfen. Warum reicht das aus Ihrer Sicht nicht aus?


Es ist unklar, welches Konzept hinter dem Plan der Zusammenführung dieser beiden Leistungen steht. Ich habe verschiedene Szenarien einer Zusammenführung von WKinderzuschlag und Wohngeld zu einer neuen dem SGB II vorgelagerten Leistung geprüft. Die Zusammenführung würde viele Umstellungen und hohen organisatorischen Aufwand bedeuten, aber man kommt so dem Ziel einer einfacheren und gerechteren Leistung für alle Familien mit zu knappen Einkommen kaum näher. Konsequenter ist es, Kinderzuschlag und Wohngeld in das SGB II zu integrieren. Eine solche einheitliche Grundsicherungsleistung orientiert sich am Begriff der Bedarfsgemeinschaft und dem Einkommensbegriff des SGB II. Für diese Leistung wäre eine Behörde zuständig. Der Datenaustausch, die Zusammenarbeit bei der Digitalisierung, generell die Abstimmungsbedarfe zwischen den grundsätzlich vergleichbaren einkommensabhängigen und bedarfsgeprüften Leistungen entfielen. Es gäbe nur die eine Leistung, die gerecht ausgestaltet und für Familien gut zugänglich ist.


Welche Bedeutung haben Ihre Vorschläge für die Sozialstaatskommission?


Mein Vorschlag ist als langfristiges Ziel über dieser Legislaturperiode hinaus zu verstehen. Es wären große Schritte im Bereich der Verwaltungsorganisation erforderlich, die Zeit brauchen. Wenn man sich aber auf das Ziel einer einheitlichen, gerechten Grundsicherungsleistung verständigen kann, sollte die Sozialstaatskommission überlegen, welche Schritte umgesetzt werden können, um das Ziel perspektivisch zu erreichen. Man könnte mit der Integration des Kinderzuschlags in das SGB II beginnen. Außerdem sollte die Sozialstaatskommission dringend Vorschläge aufgreifen, mit denen so schnell wie möglich sichergestellt wird, dass sich auch für Familien zusätzliches Einkommen immer lohnt. Das heißt, ihnen muss ein Teil ihres Einkommens nach Abzug von Steuern, Sozialabgaben und Leistungskürzungen zur Verfügung bleiben.


Sie sagen auch, dass Ihr Vorschlag auf gesellschaftliche Probleme wie die Stigmatisierung von Familien mit geringen Einkommen bei der Grundsicherung eine Antwort ist. Können Sie das genauer erklären?


Mit der Einführung des Kinderzuschlags und zuvor des Wohngelds ist eine Art Hierarchie bei den Sozialleistungen entstanden. Der Gedanke, dass möglichst nicht so viele Familien ins SGB II „abrutschen“ sollen, mag für die eine Gruppe von Familien gut gemeint sein. Im Ergebnis werden damit jedoch die Menschen, die Grundsicherung nach dem SGB II beziehen, weiter abgewertet. Mit einer einheitlichen Leistung wäre das anders. Sie muss dafür allerdings durch die richtigen Kampagnen flankiert werden. Noch wird viel zu häufig die eine soziale Gruppe mit wenig Einkommen gegen die andere ausgespielt, statt die Gerechtigkeitsfragen in der Gesellschaft insgesamt zu stellen. Was bedeutet das "Soziale" in unserer Marktwirtschaft?


In Ihrer DIFIS-Studie zum Thema adressieren Sie außerdem ein Demokratieproblem bei der Grundsicherung. Worum geht es dabei?


Es gibt in der politischen und fachlichen Diskussion nur noch einzelne Leute, die das Zusammenspiel von Bürgergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld verstehen. Auch bei den Abgeordneten und ihren Mitarbeitenden bestehen hier verständlicherweise große Lücken, zumal jede der drei Leistungen in einem anderen Bundestagsausschuss verhandelt wird. Die Abgeordneten sind dafür gewählt, für die Bevölkerung über die Gesetze und ihre Auswirkungen zu entscheiden. Wenn sie den Inhalt nicht oder kaum mehr verstehen können, riskiert das die demokratische Legitimität solcher wichtigen Entscheidungen. Die Komplexität der zu regelnden Sachverhalte ist extrem hoch. Das soziale Leistungssystem darf nicht zusätzlich vermeidbare Komplexitäten aufbauen. Mehr Transparenz ist auch für die Entscheidungen von Wähler*innen notwendig. Wir erleben heute politische Debatten über die soziale Sicherung, die sich vom tatsächlichen Inhalt weitgehend abgekoppelt haben. Wir brauchen eine sachbezogene Diskussion nicht nur über die Zukunft der Grundsicherung.



Die DIFIS-Studie zur Reform der Grundsicherung von Franziska Vollmer erscheint in Kürze.


Franziska Vollmer 2025, Sozialstaatsreform: Die Grundsicherung konsequent neu denken, in: sozialpolitikblog, 11.09.2025, https://difis.org/blog/?blog=177

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