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Eine Person mit rotem Rock läuft vor einer Glasfassade, auf der sich die Struktur des Straßenbelags und rote Baustellenkegel spiegeln.
sozialpolitikblog-Gespräch, 05.09.2025

Sozialstaatsreform: Vorschläge für die Einkommensprüfung

Die Sozialstaatskommission hat ihre Arbeit am Montag aufgenommen, und die politische Auseinandersetzung über die Sozialstaatsreform ist bereits im vollen Gange. Prof. Dr. Tanja Klenk und Horst Bruns haben als Anregung für die Reform untersucht, wie sich die Einkommensprüfung vereinfachen und digitalisieren lässt.


Interview: Johanna Ritter


Sie haben für das DIFIS eine Studie und einen Impuls zur Reform der Einkommensprüfung erstellt. Warum muss die Einkommensprüfung im Sozialrecht reformiert werden?


Tanja Klenk:
Die Einkommensprüfung gehört zu den aufwendigsten Schritten in den Verfahren, die den Anspruch und die Höhe von Leistungen bestimmen – für die Verwaltung ebenso wie für die Leistungsberechtigten. Das liegt vor allem daran, dass es viele unterschiedliche Rechtskreise gibt, die jeweils eigene Regeln haben: Welche Einkommensarten zählen? Welche Freibeträge gelten? Welche Beträge können abgesetzt werden? Müssen Familienangehörige füreinander einstehen? Entsprechend müssen Antragstellende Nachweise vorlegen. Diese Vielfalt an Regelungen sorgt für viel Bürokratie, macht Verfahren intransparent und erschwert den Zugang zu Leistungen. Die Unterschiede folgen auch nicht immer einer klaren Logik und widersprechen dem Ziel einer Einzelfallgerechtigkeit.


Horst Bruns:
Wenn sich jemand an der Schnittstelle zweier Leistungen bewegt, dann stellt sich die Frage: Wer ist für mich zuständig? Davon hängt ab, welche Unterstützung ich erhalte, welche Regeln – Stichwort Sanktionen – ich beachten muss. Dies betrifft vor allem Haushalte von Geringverdienenden, die entweder einen Anspruch auf Bürgergeld oder Wohngeld mit Kinderzuschlag haben könnten. In einer Beratung lässt sich dies aber nicht immer eindeutig sagen, weil die Einkommensvorschriften der drei Leistungen stark voneinander abweichen.


Was schlagen Sie vor und welche Innovationspotentiale liegen in Ihren Vorschlägen?


Horst Bruns:
Wir haben alle Einkommensvorschriften untersucht und festgestellt, dass nicht nur der Umfang der Einkommensdaten, sondern ebenso die Aktualität ein wichtiger Faktor ist. Gerade von Geringverdienenden, die über ein relativ konstantes Einkommen verfügen, sind Daten aus den Vorjahren ausreichend, um den Bedarf realistisch zu ermitteln. So macht es bereits die Rentenversicherung beim Grundrentenzuschlag, wo für die meisten Fälle die Einkommensprüfung automatisiert ist. Darüber hinaus können viele Aufwendungen, die Berechtigte haben, pauschal vom Einkommen abgesetzt werden. Teilweise geschieht dies schon, aber eine Ausweitung auf typische Aufwendungen wie Versicherungen oder Werbungskosten ist möglich, ohne dass dies zu Lasten einer Einzelfallgerechtigkeit geht. Schließlich sehen wir ein großes Potential darin, Steuerdaten für die Einkommensprüfung zu nutzen. Vielleicht ist dies heute noch ein Wunsch, aber in Zukunft kann ich mir gut vorstellen, dass ELSTER ein wichtiger Zugang zu Sozialleistungen wird.


Welche Bedeutung hat Ihre Studie für die Kommission zur Sozialstaatsreform?


Horst Bruns:
Wir behandeln die zentralen Fragen der Kommission: Wie können Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag zu einer neuen Grundsicherung zusammengelegt werden? Wie können Verwaltungsabläufe beschleunigt werden? Wie lassen sich Antragsstellung und Bearbeitung digitalisieren?


Tanja Klenk:
Mit unserer Expertise möchten wir zudem eine Diskussion über die grundlegende Neuordnung von Zuständigkeiten im Sozialstaat anstoßen.


Warum sind diese Prozesse in der Sozialverwaltung bislang nicht übergreifend digitalisiert?


Tanja Klenk:
Die Sozialverwaltung ist stark fragmentiert: Sie gliedert sich in viele verschiedene Leistungsbereiche, die auf unterschiedlichen politisch-administrativen Ebenen verteilt sind. Durch die föderalen Strukturen und die geteilten Zuständigkeiten gab es lange Zeit wenig Interesse an einer Standardisierung. Anders als in der Finanzverwaltung fehlen deshalb bis heute durchgängige digitale Identifikationssysteme, einheitliche Datenformate und interoperable Schnittstellen. Automatisierung konnte so bislang nur punktuell umgesetzt werden.


Horst Bruns:
Nehmen wir noch einmal das Beispiel von Bürgergeld und Wohngeld: Wer Bürgergeld beantragt, muss bis auf wenige Ausnahmen alle Einkünfte angeben und verschiedene Nachweise über seine Aufwendungen vorlegen. Für das Wohngeld sind nur bestimmte Einkommensarten relevant, und die meisten Aufwendungen sind pauschalisiert. Das heißt, mit der Akte von der Wohngeldstelle kann das Jobcenter nur wenig anfangen. Für eine Digitalisierung müssen die Datensätze aber zueinander passen.


Warum können beide Seiten – Verwaltung und Bürger*innen – etwas von einer Reform der Einkommensprüfung haben?


Tanja Klenk:
Für Bürger*innen bedeutet eine automatisierte Einkommensprüfung weniger Papierkram, mehr Transparenz und vielleicht sogar eine schnellere Bearbeitung. Für die Verwaltung bringen die Automatisierung und die einheitlichen Rechtsvorschriften Entlastung angesichts des Fachkräftemangels.


Horst Bruns:
Am Anfang sehen wir vor allem Effizienzgewinne für die Sozialverwaltung, aber ebenso eine große Vereinfachung für die Bürger*innen. Auf Dauer wird unser Sozialstaat auch effektiver, weil die Mitarbeitenden weniger Zeit auf die Anforderung von Einkommensunterlagen aufwenden müssen. Diese Zeit kann in die Beratung fließen, um Menschen, die arbeiten, aber an der Armutsgrenze leben, neue Perspektiven aufzuzeigen. Und je mehr sich die Menschen am Ende selbst helfen können, umso weniger Mittel müssen im Sozialstaat aufgewendet werden.


Mehr zum Thema in der DIFIS Studie und im DIFIS Impuls von Horst Bruns und Tanja Klenk.

 

 


Horst Bruns und Tanja Klenk 2025, Sozialstaatsreform: Vorschläge für die Einkommensprüfung, in: sozialpolitikblog, 05.09.2025, https://difis.org/blog/?blog=176

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